SpraGe - Sprache und Geschlecht
Das Projekt Sprache und Geschlecht untersuchte mögliche Unterschiede in der Qualität des Wortschatzes von Mädchen und Jungen. Anhand empirischer Analysen wurden angenommene Vorteile von Mädchen bei weiblich, und Vorteile von Jungen bei männlich konnotierten Wörtern betrachtet.
Gefördert von
Eigenmittel Professur McElvany
Projektbeschreibung
In dem Projekt wurde empirisch überprüft, ob Jungen und Mädchen in der Grundschulzeit und auch zu Beginn der Sekundarstufe I (10- bis 14-jährige) über einen systematisch unterschiedlichen Wortschatz bei männlich, weiblich oder neutral konnotierten Wörtern verfügen. Schulerfolg beruht auf umfassenden sprachlichen Kompetenzen, deren Grundlage der Wortschatz ist. Befunde aus der Entwicklungspsychologie weisen darauf hin, dass Mädchen und Jungen unterschiedliche Interessen ausbilden und verschiedene Aktivitäten präferieren. Entsprechend dürften sie auch mit unterschiedlichen Wörtern in ihrer Lebenswelt in Kontakt kommen. Es könnten demnach systematische Unterschieden in der Qualität ihres Wortschatzes auftreten.
Das Projekt stützte sich auf unterschiedliche Datenquellen und Altersgruppen. Es wurden somit auch unterschiedliche Stichproben (z.B. 1039 Viertklässlerinnen und Viertklässler; 50 % weiblich; Durchschnittsalter = 9.08 Jahre mit SD = 0.50) und verschiedene Instrumente (z.B. verbale Skala des KFT) betrachtet. Die jeweiligen Wörter wurden anhand von theoriebasierten Expertenratings als männlich konnotiert (z.B. „Profit“), als weiblich konnotiert (z.B. „innig“) und als neutral (z.B. „Hitze“) kategorisiert. Die Übereinstimmung der Ratings wurde empirisch geprüft. Relative Stärken einer Geschlechtergruppe bei geschlechtskonform konnotierten Items im Vergleich zu der anderen Geschlechtergruppe wurden mit der Methode der Differential Item Functioning-Analysen (DIF) geprüft. Somit wurden über quantitative Unterschiede hinaus qualitative Unterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern in Abhängigkeit von der Konnotation der Wörter analysiert. Außerdem wurde in einem anschließenden Schritt geprüft, ob sich das erwartete geschlechtsspezifische Muster auch in verschiedenen Kulturen zeigt, d.h. es wurden systematisch Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in den Analysen berücksichtigt.
Ergebnisse
Die Analysen der Lösungswahrscheinlichkeiten der FALKE-Wortschatztestitems zeigten keine quantitativen Wortschatzunterschiede in Abhängigkeit von dem Geschlecht der Kinder in der dritten Klassenstufe. Die DIF-Analysen bestätigten jedoch qualitative Unterschiede: Bei männlich konnotierten Wörtern hatten Jungen, bei weiblich konnotierten Wörtern Mädchen relative Vorteile. Dieses galt auch bei Kontrolle zentraler sozialer Hintergrundmerkmale.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Jungen und Mädchen im Grundschulalter jene Wörter besser kennen, die etwas aus der zur eigenen Geschlechtsgruppe passend stereotypisierten Lebenswelt beschreiben. Für die Schule bedeutet dies den pädagogischen Auftrag, bei den Kindern Interesse für Themen und Tätigkeiten zu wecken, die sonst im Alltag häufig dem jeweils anderen Geschlecht zugeschrieben werden, um so alle Lernenden unabhängig von ihrem Geschlecht möglichst optimal individuell zu fördern.
Wissenschaftliche Leitung und Projektleitung
Externe Projektpartnerinnen und -partner
- Prof. Dr. Ursula Kessels (Freie Universität Berlin)